Rentiertorte zum Lehrergeburtstag am Polarkreis

Realschule Regen im Rahmen des Erasmus+-Programms zu Gast im finnischen Oulu

Mit ungewohnten Temperaturen sahen sich drei Mitglieder der Siegfried-von-Vegesack-Realschule auf ihrer Reise in die finnische Universitätsstadt Oulu konfrontiert. Grund des EU-geförderten Besuchs war das Schulentwicklungsziel der weiteren Verbesserung der Unterrichtsqualität durch Lernen von anderen in Europa. Um nicht mit leeren Händen in das Land der Topplatzierungen in Studien wie PISA zu kommen, brachten die Regener ihr Leseförderkonzept mit, das in Finnland auf sehr großes Interesse stieß.

Zunächst stand aber ein Besuch im Forschungszentrum für Lern- und Erziehungstechnologie (LET) der Universität Oulu auf dem Programm. Dort werden Lehrkräfte für das erfolgreiche finnische Schulsystem in Sachen Digitalisierung ausgebildet. Beeindruckend waren insbesondere die Variabilität der Lernräume und der Schwerpunkt der finnischen Lehrerausbildung auf der Anleitung zum Selbermachen der Schülerinnen und Schüler – sei es bei einfachen Mathematikaufgaben, in musischen Fächern oder bei komplexen Robotikwettbewerben. Auch der Ablauf von Vorlesungen und Seminaren ist für deutsche Besucher erst einmal ungewohnt: Die Räume sind offen, es gibt unterschiedlichste Sitzgelegenheiten, jeder darf so lernen, wie es für ihn am bequemsten ist. Man fühlt sich eher wie in einem Café als in einer Uni.

In den folgenden Tagen konnten Besuche der Rajakylä-Schule in Oulu organisiert werden. Dort angekommen fiel der Regener Delegation zunächst auf, dass die meisten Schülerinnen und Schüler selbst bei -10 Grad mit dem Rad kommen und in der Schule auch von den Älteren nur Socken getragen werden. Das macht es auch im Winter möglich, dass man sich überall auf den Boden setzen oder legen und lernen kann. Auch hier sind die Kinder sehr frei in der Wahl des Lernortes und der Lernpositionen. Die Unterrichtsstunde dauert 75 Minuten, was das Durchführen von kooperativen Arbeitsformen zeitlich ungemein erleichtert.  Insgesamt ist die Atmosphäre entspannter, es gibt mehr Wechsel im Unterrichtsverlauf. Man hat den Eindruck, es geht mit dem Lernstoff langsamer voran als in Bayern, aber die Kinder beschäftigen sich „tiefer“ mit der Materie und „erfahren“ den Lernstoff.

Besonders beeindruckend waren Kooperationsformen im Mathematikunterricht einer „Learning-by-doing“-Klasse: Zunächst wurde allein mit Setzkästen gearbeitet, dann war die Lösung des nächsten praktischen Problems nur mit dem Partner, dann nur mit der Gruppe und zuletzt mit Hilfe der ganzen Klasse möglich, was ohne dass die Lehrkraft auch nur einmal organisatorisch eingreifen musste, zu einer gemeinsamen Begeisterung der Klasse für Multiplikation führte, welche für den deutschen Betrachter zumindest ungewohnt ist. Aufsehen erregte auch ein im Lehrerzimmer gefeierter Geburtstag, bei dem es eine herzhafte Rentiertorte zu verkosten gab.

Doch nicht nur der Unterricht war interessant für die Niederbayern. Eine Sekretärin sowie der Konrektor der Realschule hatten sich ebenfalls auf den Weg gemacht, um einen Einblick in die finnische Schulverwaltung und -organisation zu bekommen. Gerade dieser Austausch führte zur Erkenntnis, dass die Systeme nicht so verschieden sind und auch die Finnen etwas vom bayerischen System lernen können.

Am letzten Besuchstag an der Schule konnten die Regener dann noch eine Live-Demonstration ihres Lesediagnostikprogramms mit Blickbewegungsmessung geben, was auf so großes Interesse stieß, dass die finnischen Lehrkräfte spontan beschlossen, dass sie Regen im Rahmen einer Fortbildung besuchen müssen, was dann auch im Januar realisiert wird. Durch eine intensive Diskussion wurden Entw

icklungsmöglichkeiten des Programms in Finnland und Deutschland besprochen. Aus dem Gespräch heraus kam die Idee auf, Kontakt mit einem finnsichen Start-Up aufzunehmen, welches die an das Regener Programm anschließende individuelle Förderung einfacher gestalten kann.

So schloss ein Besuch des ebenfalls in Oulu ansässigen Unternehmens und eine Fahrt nach Rovaniemi an den Polarkreis den Besuch der Regener Realschule in Oulu ab. Mit im Gepäck haben die Teilnehmenden ein Menge an gewinnbringenden Ideen für die eigene Schule und das Angebot für eine längerreichende Partnerschaft einer der innovativsten finnischen Schulen.

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